Aus einem Start-up mit innovativen Visionen wurde dank unternehmerischem Mut die größte Softwareschmiede Deutschlands. Eine gekonnte Marktstrategie und die Erfindung von HANA lassen das Top-Unternehmen SAP auch weiterhin in eine vielversprechende Zukunft schauen.

 

Echtzeitverarbeitung und Standardisierung als Kernkompetenz

Die Erfolgsgeschichte beginnt zum Anfang der 1970er Jahre. In fortschrittlichen Unternehmen ist es in dieser Ära üblich, geschäftsrelevante Daten mechanisch auf Lochkarten zu speichern. Alle Geschäftsvorfälle werden tagsüber gesammelt und meist nachts als Lochkartenstapel sequentiell eingelesen. Die fünf Gründer von SAP (der Betriebswirtschafter Claus Wellenreuther, Klaus Tschira aus Freiburg im Breisgau, Hans-Werner Hector, Dietmar Hopp aus Heidelberg und der Nachrichtentechniker Hasso Plattner), sie alle haben ihr informationstechnisches Rüstzeug bei IBM gesammelt, wollen eine neue Vision umsetzen: Die Verarbeitungen sollen deutlich beschleunigt werden. Zu diesem Zweck setzen sie erstens nicht mehr auf Lochkarten, sondern auf die Dateneingabe am Bildschirm. Zweitens soll die Verbuchung der geschäftlichen Transaktionen sofort und ohne signifikante Zeitverzögerung stattfinden.

SAP

© SAP AG / Stephan Daub

Was sich die SAP Gründer vorstellen und dann technisch umsetzen, ist ein Paradigmenwechsel. Datenflüsse werden fortan parallelisiert abgearbeitet und Antwortzeiten minimiert. In der Informatik wird dafür der Begriff Online Transaction Processing (OLTP) geschaffen. Die Gründer entwickeln ihre neuen Programmpakete im Rechenzentrum des ersten Kunden, der deutschen Niederlassung von Imperial Chemical Industries in Östringen. Das von SAP entwickelte Programmbündel heißt R (als Abkürzung für Realtime), spezialisiert sich auf Lohnabrechnungen und Buchhaltung und ist als Standardsoftware konzipiert, damit es auch anderen Kunden angeboten werden kann. Echtzeitverarbeitung und Software-Standardisierung sind zu dieser Zeit eine Evolution in der Datenverarbeitung.

Florierendes Unternehmen, wohlhabende Gründer

Die Firma SAP wird von den Pionieren im Jahr 1972 zunächst in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in Weinheim eingetragen. Gearbeitet wird weniger am Firmensitz, viel mehr bei den Kunden, am meisten in der Nacht und am Wochenende. Am Ende des ersten Geschäftsjahres beschäftigt das aufstrebende Unternehmen schon neun Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von über 600.000 DM. Der Kundenstamm beginnt zu wachsen, nach zweieinhalb Jahren führt die SAP bereits 40 Kunden auf ihrer Referenzliste. Vier Jahre nach der SAP Gründung wird die Firma SAP GmbH Systeme, Anwendungen und Produkte ins Leben gerufen. Sie erreicht mit 25 Angestellten bereits einen Jahresumsatz von 3,8 Millionen DM. Der wirtschaftliche Erfolg und ein großartiges Zukunftspotential werden sichtbar. Im Jahr 1977, der Firmensitz wird in diesem Jahr ins baden-württembergische Walldorf verlegt, werden SAP Systeme erstmals auch im Ausland installiert.

Der anhaltende Erfolg der SAP Software und das rasante Wachstum manifestieren sich besonders in den späten 1980er und in den 1990er Jahren. Sie machen die SAP Gründer zu reichen Menschen. Der Mannheimer Claus Wellenreuther muss zwar die Firma 1980 aus gesundheitlichen Gründen als Erster verlassen und erhält als Abfindung eine eher bescheidene Summe von einer Million DM. Doch seine später gegründete Firma DCW Software wird wiederum von SAP übernommen. Fachleute interpretieren diesen Kauf als Deal unter Freunden. Der Mathematiker Hans-Werner Hector scheidet Mitte der 1990er Jahre aus dem operativen SAP Geschäft aus und verkauft einen Großteil seiner SAP-Aktien. Sie bringen ihm die ansehnliche Summe von ca. 1,5 Milliarden Euro ein. Der dritte im Bunde ist Klaus Tschira. Er hat ursprünglich Physik an der Universität Karlsruhe studiert und betätigt sich von 1998 bis 2007 als Mitglied des Aufsichtsrats der SAP AG. Danach zieht er sich aus dem Tagesgeschäft zurück und gründet mit seiner Frau die Gerda und Klaus Tschira Stiftung. Seit 2015 weilt Klaus Tschira nicht mehr unter uns. Der SAP Mitbegründer Dietmar Hopp ist mittlerweile vielen als Förderer des Fußballvereines TSG 1899 Hoffenheim bekannt. Auch er gründet eine Stiftung und bringt als Vermögenskapital SAP Aktien ein. Die Dietmar-Hopp-Stiftung unterstützt gemeinnützige Projekte und hat dafür seit ihrem Bestehen über 600 Millionen Euro ausgeschüttet. Dietmar Hopp zählt mit einem geschätzten Vermögen von fast 9 Milliarden Dollar zu den 15 reichsten Menschen in Deutschland. Hasso Plattner, geboren in Berlin, ist bis 2003 neben Henning Kagermann Co-Vorstandssprecher von SAP und danach Aufsichtsratsvorsitzender. Der Anteil von über 8% am SAP Aktienkapital spült ihm jährlich Millionen an Dividenden in die private Kasse. Er betätigt sich als Mäzen und ist ein großer Wissenschaftsförderer. Er ist nicht nur Ehrenbürger von Potsdam, sondern hat auch zahlreiche Ehrungen erhalten. Sein Vermögen von geschätzten 11 Milliarden US-Dollar bringt ihn unter die 120 Reichsten dieser Welt.

Mit frischem Elan und ständiger Marktanpassung in die digitale Zukunft

Die Branche, in der sich die SAP betätigt, ist einem beschleunigten Wandel unterworfen. Das Management und die ganze Belegschaft müssen sich immer wieder neu auf den veränderten Markt ausrichten. Mit der in Zusammenarbeit mit dem Hasso-Plattner-Institut und der Stanford University entwickelten und 2013 eingeführten HANA Datenbank stellt SAP sicher, dass sie technologisch weiterhin zur Weltspitze gehört. Es handelt sich diesbezüglich, ähnlich wie schon 1972, um einen Paradigmenwechsel in der Informatik. Das HANA Prinzip basiert auf der modernen In-Memory-Technologie. Das bedeutet, dass bei SAP Anwendungen, die mit der HANA Datenbank betrieben werden, der größte Teil des Zugriffs auf die Daten nicht mehr über die Festplatte, sondern über den wesentlich schnelleren Arbeitsspeicher stattfindet. Auch den Trend zu Cloud-Anwendungen hat SAP rechtzeitig erkannt und für sich angewandt. Hohe Investitionen in den Ausbau dafür vorgesehener Rechner und Infrastrukturen bringen bereits satte Gewinne ein. Hasso Plattner definierte öffentlich das Ziel von SAP, die riesigen Leistungspotenziale von In-Memory-Computing mit der Einfachheit von Cloud-Produkten zu verbinden. Um das Portfolio von Anwendungen zu erweitern, hat SAP erfolgreiche Cloud-Firmen wie SuccessFactors und Ariba aufgekauft. Die breite Kundenbasis gibt der Strategie des Unternehmens recht. Eine Viertel Million Kunden weltweit verwenden die SAP Anwendungssoftware. Es gibt also guten Grund, weiterhin in eine vielversprechende SAP Zukunft zu schauen.

veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.