Der Flughafen Berlin Brandenburg mit dem Beinamen Willy Brandt ist neben „Stuttgart 21“ das deutschlandweit wohl größte Bauprojekt der Gegenwart. Im Sprachgebrauch wird der internationale Verkehrsflughafen nach dem IATA-Code kurz BER genannt. Seit dem Beginn der ersten Bauarbeiten nebst dem Spatenstich im September 2006 hat sich viel, und gleichzeitig doch wenig getan. Ungeachtet dessen wird an der Umsetzung des Flughafens BER weiterhin festgehalten. So sind vor diesem Hintergrund die wichtigen Zahlen, Daten und Fakten ebenso interessant wie wissenswert.

  • Das Flughafengelände an der südlichen Berliner Stadtgrenze zur Nachbarstadt Schönefeld hin ist rund 1.500 ha groß
  • Der BER verfügt über zwei Flugbahnen
  • Die nördliche Start- und Landebahn ist in den Maßen 3.600 x 45 Meter asphaltiert
  • Die südliche Flugbahn ist betoniert, 4.000 Meter lang und 60 Meter breit
  • Die Entfernung zwischen dem Flughafenterminal und dem Rathaus Berlin beträgt rund 25 Autokilometer
  • In der ersten, mittlerweile überholten Ausbaustufe beträgt die Jahreskapazität 27 Mio. Fluggäste
  • Flughafenbetreiber ist die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH FBB mit Sitz im brandenburgischen Schönefeld
  • Gesellschafter der FBB sind zu je 37 Prozent die Bundesländer Berlin und Brandenburg sowie der Bund
  • Die FBB betreibt direkt den Flughafen Schönefeld sowie über eine Tochtergesellschaft den Flughafen Tegel
  • Der Flughafen BER umfasst ein Teilgebiet des heutigen Flughafens Schönefeld und soll nach der Inbetriebnahme die beiden anderen Berliner Flughäfen ersetzen

Soweit die Planung; doch der Weg bis hin zu Realisierung ist noch weit und steinig.

Von der ersten Planung bis zum Bauskandal

Die Überlegungen zum Bau des heutigen Flughafens BER reichen zurück bis in die 1960er-Jahre. Schon damals sahen Bund und Senat der Stadt Berlin die Notwendigkeit für einen modernen, international wettbewerbsfähigen Großflughafen für Berlin und Umgebung. Der Flughafen Schönefeld genügte mit zunehmender Dauer weder den Vorstellungen noch den Ansprüchen von Regierung, Wirtschaft und Gesellschaft. Nach der politischen Wiedervereinigung wurden, wie es genannt wird, Nägel mit Köpfen gemacht. Dennoch dauerte es anderthalb Jahrzehnte bis zum ersten Spatenstich; daran beteiligt waren die damaligen Spitzenpolitiker der drei FBB-Gesellschafter, und zwar Bundesverkehrsminister Tiefensee, der Regierende Bürgermeister von Berlin Wowereit sowie der Ministerpräsident von Brandenburg Platzeck.

BER

Bildquelle: Joerg Huettenhoelscher / Shutterstock, Inc.

  • Als Eröffnungstermin wird Sonntag, der 30. Oktober 2011 genannt
  • Zwei Jahre später wird der bisherige Berliner Flughafen Tempelhof geschlossen
  • Im Juni 2010 wird dieser Termin erstmals verschoben und auf Sonntag, den 3. Juni 2012 festgelegt
  • Im Mai 2012, also wenige Wochen vorher, wird als neuer Eröffnungstermin Mittwoch, der 13. März 2013 bekanntgegeben
  • Im September 2012 wird der avisierte Eröffnungstermin erneut aufgehoben und auf Sonntag, 27. Oktober 2013 terminiert
  • Dieser Termin wird erneut nicht eingehalten, und im Februar 2014 erklärt die Geschäftsleitung sich außerstande, neu zu terminieren
  • Im Herbst 2014 wird eine Eröffnung zum Ende des Jahres 2016 hin zunehmend unwahrscheinlicher
  • Ein Jahr später wird deutlich, dass ein angedachter Eröffnungstermin im Herbst 2017 kaum haltbar sei
  • Zum Jahreswechsel 2016/2017 zeigt sich, dass eine Inbetriebnahme nicht vor dem Jahr 2018 möglich sein werde
  • Im Dezember 2017 wird der BER-Aufsichtsrat darüber informiert, dass der Flughafen BER im Spätsommer betriebsbereit sei – oder vielleicht doch erst später

Fest steht gegen Ende der 2010er-Jahre, dass zwischen Spatenstich und Inbetriebnahme durchaus anderthalb Jahrzehnt vergehen können.

Schwierigkeiten und Probleme auf der ganzen Linie
Je länger sich die Bauzeit am Flughafen BER hinzieht, umso zahlreicher sowie vielfältiger entwickelten sich die Mängel, allen voran der Brandschutz. Der Großbrand am internationalen Flughafen Düsseldorf Mitte der 1990er-Jahre hatte auch bei Gesetzgebung und Rechtsprechung „sichtbare Spuren hinterlassen“, die sich jetzt auch beim Brandschutz für den BER bemerkbar machen. Was Anfang der 2000er-Jahre neu und gut war, das ist 15 Jahre später alt, verrottet und überholt. Die kaum endende Mängelliste kann in dem Sinne nicht Punkt für Punkt abgearbeitet werden; was an der Spitze erledigt wird, das rückt am Ende als neue Mängel wieder nach. Die Probleme rund um den BER lassen kein Problemfeld einer derartigen Großbaustelle aus. Sie sind sowohl organisatorisch als auch personell, strukturell und natürlich finanziell.

Aus den ursprünglich 2 Mrd. Euro am Tag des Spatenstichs sind bis heute, mehr als ein Jahrzehnt später, 5,5 Mrd. Euro geworden. Ein Ende der Kostensteigerung ist auch deswegen nicht abzusehen, weil nach wie vor niemand weiß, wann der BER nun tatsächlich eröffnet werden kann. Zahlungs- und nachschusspflichtig sind die drei BER-Gesellschafter gemäß ihrem prozentualen Eigentumsanteil. Doch wie bei solchen Anteilsfinanzierungen üblich, werden Zuständigkeiten sowie Verantwortlichkeiten hin- und hergeschoben; letztendlich immer in dem Bewusstsein, das ein Prestigeprojekt wie der BER doch nicht an der Finanzierung scheitern kann.

Was im vergangenen Jahrzehnt modern war, das ist heutzutage auch mangels Nutzung überholt. So sieht die Lufthansa AG einen zusätzlichen Modernisierungsbedarf beim mittlerweile veralteten Terminal für die Passagierabfertigung. Zahlungspflichtig ist die FBB als Betreiber mit der Folge, dass bis zu einer Inbetriebnahme des BER das Erreichen der 6 Mrd. Eurogrenze durchaus realistisch ist.

Die Haushälter in Berlin, Brandenburg und beim Bund sollten insofern nicht überrascht sein, sondern schon heute Rücklagen bilden, oder aber direkt ihren Haushaltsansatz für den BER nach obenhin korrigieren.

veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.