Ob Alitalia oder Air Berlin – viele Airlines kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten. Während es für Air Berlin wohl ein „Happy End“ geben wird, steht die italienische Fluggesellschaft vor dem endgültigen Aus. Einerseits finden sich keine Käufer, andererseits soll die Airline nicht verstaatlicht werden. 12.000 Jobs stehen auf dem Spiel.

Wird die Lufthansa Air Berlin retten können?

Die Lufthansa hat nun die Karten auf den Tisch gelegt – man werde die Fluggesellschaft Air Berlin nur dann übernehmen, sofern das Unternehmen schuldenfrei wird. Schlussendlich wäre ein derartiger Schritt überlebenswichtig – die Fluggesellschaft Air Berlin, die schon seit Jahren in finanziellen Schwierigkeiten steckt, soll von der Lufthansa übernommen und somit weitergeführt werden. Geht es nach dem Vorstand der Lufthansa, so gibt es bereits einen Plan, wer die Schulden übernehmen soll. Carsten Spohr, der Chef der Lufthansa, weiß, dass der Großaktionär Etihad, der Hauptinvestor von Air Berlin, nun in der Pflicht steht, die Fluggesellschaft zu entschulden. „Wir wissen, dass die Schuldenfrage nur in Abu Dhabi gelöst werden kann“, so der Lufthansa-Chef. Spohr war auch, gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, in Abu Dhabi und führte klärende Gespräche. Die „kartellrechtlichen Probleme“ seien, so Spohr, nicht das größte Problem. Schlussendlich gab es in der Vergangenheit immer wieder kleinere Übernahmen von nationalen Konkurrenten – so etwa in Großbritannien (British Airways) oder auch in Frankreich (Air France). Damit die kartellrechtlichen Probleme gelöst werden, dafür ist die Lufthansa verantwortlich. Für Spohr „kein Problem“. Übernimmt Etihad also die Schulden, wird Lufthansa Air Berlin übernehmen. Kommt es zu keiner Tilgung der noch offenen Schulden, so wird die Air Berlin einen neuen Käufer benötigen oder mitunter den Betrieb einstellen müssen. Vor allem das endgültige Aus ist ein Schreckensszenario, das jedoch – so die Experten und Insider – nicht realistisch sei.
Der Lufthansa-Boss zeigte sich zudem auch zufrieden, dass mit Air Berlin Aeronautics GmbH mitunter eine zweite Fluggesellschaft gegründet werden könnte, in die dann 38 Maschinen der Lufthansa verlagert werden würden. Eine Konstruktion, die aber erst mit Ende des Jahres funktionsfähig sei. Die Air Berlin würde, so der Plan, noch 75 Maschinen behalten, die jedoch von der Lufthansa-Billigtochter Eurowings genutzt werden würden. Schlussendlich sei Eurowings der Wachstumstreiber schlechthin und mitunter ein Grund, warum es der Lufthansa, verglichen mit den zahlreichen anderen Fluggesellschaften, noch immer gut geht. Würde die Lufthansa Air Berlin übernehmen, so könnten die Arbeitsplätze der Air Berlin-Mitarbeiter erhalten bleiben. Ob jedoch Stellen gestrichen werden, konnte noch nicht gesagt werden. „Es gibt noch keine konkreten Pläne. Wir stehen noch am Beginn der Verhandlungen und können daher noch nicht sagen, wie sich die ganze Situation entwickeln wird. Wir sind aber positiv und hoffen, dass wir eine gütliche Einigung finden werden“, so Spohr.

Air Berlin wartet auf die Etihiad-Geldspritze

Thomas Winkelmann, der Chef von Air Berlin, nannte bereits, so Spohr, einige Punkte, wie Kosten reduziert werden könnten. Demnächst werden bessere Leasingverträge ausverhandelt, sodass am Ende Gebühren eingespart werden können. Derzeit beläuft sich der Schuldenberg auf rund 1,2 Milliarden Euro. Jedoch erwartet die Fluggesellschaft noch eine Stütze in der Millionenhöhe – Etihad wird, so ist Winkelmann überzeugt, eine „ordentliche Finanzspritze injizieren“. Doch nicht nur Winkelmann ist „optimistisch“ – auch Spohr ist, auch wenn die Zahlen mitunter keinen wirklichen Grund zur Freude bereiten, zuversichtlich. Die Pläne, damit die Fluggesellschaft aber ihre Schulden abbauen kann, sind jedoch vielversprechend.

Alitalia sucht noch potentielle Käufer

Aber nicht nur Air Berlin kämpft mit immer höher werdenden Schulden – auch Alitalia, eine italienische Fluggesellschaft, ist schwer angeschlagen. Ende Februar wuchs der Schuldenberg auf sagenhafte 3 Milliarden Euro. Des Weiteren gibt es auch noch kurzfristige Verbindlichkeiten von rund 2,3 Milliarden Euro. Carlo Calenda, der italienische Wirtschaftsminister, sprach bereits von einem „Verkaufsprozess“ – nachdem der Rettungsplan gescheitert ist und die Mitarbeiter bereits gegen die Alitalia-Führung protestierten, entschied sich die italienische Regierung für die Sonderverwaltung der Airline. Nun sollen drei Sonderverwalter prüfen, ob es überhaupt noch eine Überlebenschance gibt. Einer der Sonderverwalter sei bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kosten für Wartung, Treibstoff und Leasing „viel zu hoch“ seien und „drastisch reduziert werden“ müssen, damit die Airline überhaupt einen Käufer findet. Pro Tag – so Insider – wächst der Schuldenberg um 1 Million Euro. Zahlen, die mitunter das baldige Aus bedeuten. Schlussendlich lehnten die Mitarbeiter einen Rettungsplan ab – in diesem wurde vorwiegend darauf verwiesen, dass bei Gehältern und Stellen gespart werden muss. Nun stehen insgesamt 12.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. In Rom entschied sich die Regierung bereits für einen Brückenkredit – die Finanzierung beläuft sich auf 600 Millionen Euro. Eine Verstaatlichung der Airline ist aber – zumindest bisweilen – noch keine Alternative. Jedoch gibt es keine Interessenten. Norwegian Air und Lufthansa, die bereits in Verhandlungen mit Air Berlin stehen, winkten bereits ab. Der Schuldenberg und die fehlenden Pläne, wie man die Schulden senken kann, machen das Unterfangen, nun endlich einen Käufer für eine Übernahme zu finden, fast unmöglich. Insider und Experten sind sich sicher, dass Alitalia wohl von der Bildfläche verschwinden wird, sofern das Unternehmen nicht vom Staat übernommen wird. Doch die italienische Regierung ist gegen eine Verstaatlichung.

Die Flugbranche erlebt gerade schwere Turbulenzen

Doch warum geht es der Flugbranche immer schlechter? Wieso ist es kaum möglich, dass die Flugunternehmen Geld verdienen? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, wie neue Airlines Fuß fassen können oder bleibt die Branche in den Händen der Großkonzerne? Natürlich – Alitalia ist ein besonders schwieriger und mitunter auch schwerer Fall. Die Tradition-Airline ist wohl ein Beispiel, dass jedes Unternehmen, ganz egal, wie lange es schon existiert, umgebracht werden kann. Das Unternehmen, das im Jahr 1947 gegründet wurde, schreibt seit zwei Jahrzehnten rote Zahlen. Es ist daher keine Überraschung, dass nun das Aus der Fluggesellschaft immer realistischer wird. Wenn 20 Jahre lang nicht reagiert wird, dann ist es am Ende auch keine große Überraschung, wenn irgendwann einmal die finanziellen Mittel ausgehen. Alitalia kämpft auch nicht erst seit gestern mit irgendwelchen Rettungsplänen – der jetzige Rettungsplan, der von den Mitarbeitern jedoch abgelehnt wurde, ist der dritte Sanierungsplan seit dem Jahr 2008. Natürlich stimmten die Mitarbeiter nicht zu – sie sollten auf rund 8 Prozent des Gehalts verzichte. Im Sanierungsplan fanden sich auch Pläne, weitere 980 Stellen zu kürzen. Hätten die Mitarbeiter dem Sanierungsplan zugestimmt, so hätte die Airline einen Zuschuss von 2 Milliarden Euro bekommen. Doch nun haben die Aktionäre ihr Angebot zurückgezogen – es wird also keine Finanzspritze geben. Die Mitarbeiter lehnten den Plan aber auch deshalb ab, weil sie auf eine Verstaatlichung hoffen. Doch diese Option wird, zumindest nach heutigem Stand, nicht in Betracht gezogen.

Wie geht es weiter?

Die nächsten Wochen und Monate werden definitiv spannend werden. Einerseits stellt sich die Frage, ob Etihad tatsächlich die Schulden von der Fluggesellschaft Air Berlin übernimmt, sodass die Lufthansa der Übernahme zustimmt, andererseits wird noch zu klären sein, ob die italienische Regierung die Alitalia sterben lässt und auch dann keine Verstaatlichung durchführt, wenn sich definitiv kein Käufer findet. Natürlich sind die beiden Airlines auch mahnende Beispiele und mitunter nur ein Tropfen auf dem heißen Stein – die Flugbranche kämpft seit Jahren mit Schwierigkeiten, sodass es wohl keine Überraschung wäre, wenn in den nächsten Jahren weitere Airlines vor dem endgültigen Aus stehen. Bis dahin blickt die Welt aber auf Air Berlin und Alitalia.

veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.