Der wirtschaftliche Absturz der Fluggesellschaft Air Berlin ist eine Katastrophe und auch eine Schande – vor allem für die Bundeshauptstadt Berlin. Zu Beginn, also in den 1990er und auch 2000er Jahren, war Air Berlin eine der erfolgreichsten Fluggesellschaften. Immer mehr Lufthansa-Kunden entschieden sich gegen die elitäre Gesellschaft und buchten ihre Flüge beim Billig-Anbieter. Air Berlin war wie die Bundeshauptstadt – rustikal, bodenständig, proletarisch, frech, herzlich und vor allem unkonventionell. Auch wenn Air Berlin gegen die Lufthansa bestehen konnte, waren es die anderen Billigflieger aus Irland und Großbritannien, Ryanair und Easyjet, die der deutschen Gesellschaft immer mehr Kunden wegnahmen. Das lag einerseits an der besseren Organisation, andererseits auch an den günstigeren Preisen. Vor fünf Jahren stand Air Berlin das erste Mal vor dem Aus. Die Staatsfluglinie der Arabischen Emirate, Etihad, erwarb in weiterer Folge die Mehrheit der Air Berlin-Anteile. In weiterer Folge übernahm der neue Mehrheitseigentümer auch das Sagen. Die Mitarbeiter waren unzufrieden – auch die Kunden blieben aus. Air Berlin hatte sich verändert. Doch sind tatsächlich die Retter aus dem arabischen Raum verantwortlich? Nein. Am Ende sind es mehrere Faktoren, die für das bestehende Chaos gesorgt haben.

Air Berlin schreibt seit knapp zehn Jahren rote Zahlen

Seit dem Jahr 2008 schreibt das Unternehmen – bis auf ein Jahr – rote Zahlen. Auch das Eigenkapital ist negativ: 2016 betrug das Vermögen -1,47 Milliarden Euro. Am Ende ist die Gesellschaft Etihad verantwortlich, dass es Air Berlin noch immer gibt: Jahr für Jahr werden Finanzenspritzen verabreicht, sodass die Maschinen weiterhin in alle Himmelsrichtungen fliegen können. Doch die staatliche Fluglinie sucht bereits nach Wegen, wie man Air Berlin abstoßen kann. Etihad hat erkannt, dass die deutsche Fluggesellschaft keine tatsächlichen Gewinne bringt. Die Lufthansa ist zumindest interessiert. Jedoch werden die Verhandlungen erst gestartet, wenn Etihad die Schulden von Air Berlin übernimmt – die arabische Gesellschaft müsste also neuerlich 1,2 Milliarden Euro investieren. Schon im Vorfeld gab es Verhandlungen mit TUIfly – diese scheiterten jedoch. Niki, die Air Berlin-Tochter, die ausschließlich Urlaubsflüge in Europa anbietet, soll demnächst an Etihad abgegeben werden. Schon Ende 2016 gab es erste Verkaufsgespräche – in weiterer Folge überwies die arabische Fluggesellschaft 300 Millionen Euro, die abermals in die Air Berlin gesteckt wurden. Ob Niki nun tatsächlich von Etihad übernommen werde, steht noch in den Sternen.

Die Air Berlin-Tochter Niki ist zuversichtlich

„Niki ist stabil und wird auch weiterhin Flüge anbieten“, so die Pressesprecherin der Air Berlin-Tochter. In den vergangenen Wochen wurden mehrere Feriendestinationen der Air Berlin übernommen. Die Verhandlungen mit der TUI, die nach wenigen Sitzungen gescheitert waren, hatten keinen Einfluss auf die Air Berlin-Tochter – die Gesellschafterstruktur sei unverändert. Derzeit besitzt Air Berlin 49,8 Prozent der Niki Luftfahrt GmbH – die Niki Privatstiftung hält die restlichen 50,2 Prozent. Natürlich verfolgt man die Entwicklungen auch in Wien – doch die Österreicher sind zuversichtlich. „Niki und Air Berlin haben einen Marktanteil von 9 Prozent“, so Peter Kleemann, der Sprecher des Flughafens Wien-Schwechat. Mit der Lufthansa-Gruppe können Niki und Air Berlin nicht mithalten – hier liegt der Marktanteil bei 58 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass Air Berlin und Niki ein Passagierplus von 2 Prozent erzielen werden“, so Kleemann. Das stärkste Wachstum konnten bislang Eurowings, Easyjet und die Austrian Airlines verzeichnen. Zudem sind sich die Insider sicher: Sollte Air Berlin nicht mehr alle Destinationen anfliegen können, so werden die Routen von anderen Anbietern übernommen – die Passagiere müssen also keine Angst haben, dass die Air Berlin-Destinationen nicht mehr angeflogen werden.

Air Berlin erhält keine Staatshilfe

UFO, die deutsche Flugbegleitergewerkschaft, hat sich bereits gegen eine Staatshilfe ausgesprochen. „Es wird keine Staatsbürgschaften für die Air Berlin geben“, so Nicoley Baublies, der UFO-Tarifvorstand. „Air Berlin kann definitiv nicht unabhängig bleiben. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Verantwortlichen nun Gespräche mit der Lufthansa führen“, so Baublies abschließend. Doch wird die Lufthansa die angeschlagene Fluggesellschaft tatsächlich übernehmen? Fakt ist: Air Berlin steckt in einer Krise – auch die Mitarbeiter sind in Sorge, da sie die Angst haben, dass demnächst Stellen abgebaut werden. Vor allem wird die Frage entscheidend sein, welche Bedingungen von der Lufthansa gestellt werden, damit sie die Air Berlin übernehmen. Viele Möglichkeiten gibt es nicht mehr, damit Air Berlin am Leben bleiben kann. Die Erosion des Geschäfts hat schon längst begonnen und kann sich nicht mehr stoppen lassen. Auch wenn die Bürgschaft wohl gerechtfertigt wäre, so ist die Flugbegleitergewerkschaft einen anderen Weg gegangen. Wohl auch, weil Air Berlin schon seit Jahren mit den roten Zahlen kämpft und selbst die Finanzspritzen, die von Etihad kamen, nicht geholfen haben.

Wird Air Berlin von der Lufthansa übernommen?

Am Ende bleiben der Fluggesellschaft kaum noch Möglichkeiten. Wird die Lufthansa, die vor Jahren noch zahlreiche Passagiere an die Air Berlin verloren hatte, die angeschlagene Airline übernehmen? Die Bedingungen stehen – teilweise – fest: Etihad muss die Schulden der Fluggesellschaft übernehmen, dann könnte man eine weitere Verhandlungsrunde starten. Die Wahrscheinlichkeit, dass die arabische Fluglinie die 1,2 Milliarden Euro bezahlen wird, ist hoch – schlussendlich hat man in den letzten Jahren genügend Geld investiert, sodass die Araber lieber ein Ende mit Schrecken wählen werden.

veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.